Sehr geehrter Herr Arp,
in der SHZ vom 22. Februar 2016 werden im Bezug auf den Verzicht auf Schweinefleisch in einigen Kitas mit dem Satz zitiert, dass „Schweinefleisch zu unserem Kulturkreis“ gehöre.
Dazu hätte ich mal einige Fragen:
- Von welchem Kulturkreis sprechen Sie und wo endet dieser Kreis?
- Essen Deutsche mit im Schnitt 39 Kilogramm im jährlich nicht ohnehin zu viel Fleisch?
- Gehört zu dem von Ihnen beschrieben Kulturkreis nicht viel eher der Sonntagsbraten als der tägliche Fleischkonsum?Wenn Schweine für „unseren Kulturkreis“ so wichtig sind,…
- … ist es dann richtig, sie in einer Mast mit 4000 Tieren zu halten?
- … sind 0,82 m² Platz pro Tier dann ausreichend?
- … sollte dann nicht jedes Tier einen Zugang zu einem Außenbereich erhalten?
- … warum gesteht man diesen so wichtigen Tieren dann nicht mehr Platz zu, statt ihnen die Schwänze zu kupieren
- … ist es dann nicht mehr als zynisch, Ferkelfutter zu entwickeln, das aufgespaltetes Protein aus der Darmschleimhaut geschlachteter Schweine enthält?
- … sollten Ferkel dann nicht länger als drei bis vier Wochen bei ihrer Mutter bleiben dürfen?
- … wie geht dann die Rechnung auf, wenn eine Sau etwa 16 Ferkel pro Wurf bekommt, aber nur 14 Zitzen zum säugen hat?
- … was passiert dann mit den übrigen zwei Ferkeln (oder vier, wenn zwölf zu säugende Ferkel angestrebt werden)?
- … wie sollte man Ihrer Meinung nach mit untergewichtigen Ferkeln umgehen, die erst aufwändig aufgepeppelt werden müssten?
- … sollte eine Zuchtsau sich nicht wenigstens um die eigene Achse drehen können?
- Kennen Sie etwas zynischeres als die Tatsache, dass sauen künstlich befruchtet werden, ihre Ferkel dann nach kürzester Zeit von ihr getrennt werden, die Ferkel anschließend gemästet und womöglich mit Antibiotika vollgepumpt werden um anschließend als Gesichtsmortadella irgendwelcher Kita-Kinder zu enden, nur weil das „Kulturgut“ ist?
Ich hoffe, dass Sie damit einverstanden sind, wenn ich sowohl meine Anfrage, als auch Ihre Antwort öffentlich behandele.
Lieben Gruß,
Lasse Petersdotter,
Sprecher der Grünen Jugend Schleswig-Holstein
Hier die Antwort des Abgeordneten Arp:
„Sehr geehrter Herr Petersdotter,
für Ihre Fragen danke ich Ihnen, bitte aber um Verständniss, das ich meine Antwort im Zusammenhang gebe.
Der Genuss von Schweinefleisch gehört nicht nur für mich zu Europa und seiner Esskultur. Glaubt man der Statistik so ist der Konsum in Deutschland
(mit 53 Kg/Pers/a) nach Spanien (mit 57 Kg/Pers/a) der höchste in Europa, wo der Durchschnitt nur bei knapp 40 Kg/Pers/a liegt.
Wer wann wieviel davon isst, sollte nach meiner festen Überzeugung jedem selbst überlassen bleiben. Von Bevormundung halte ich gar nichts:
heute ist es noch beim Essen und morgen ist es etwas anderes…
Nach meiner Auffassung sollte insbesondere Schweinefleisch weiterhin auch im Nahrungsmittelangebot sowohl öffentlicher Kantinen als auch in Kitas
und Schulen erhalten bleibt. Oberstes Ziel muss eine gesunde und ausgewogene Ernährung sein. Der Minderheitenschutz – auch aus religiösen Gründen –
darf nicht dazu führen, dass eine Mehrheit aus falsch verstandener Rücksichtnahme in ihrer freien Entscheidung überstimmt wird. Toleranz bedeutet in
einer pluralistischen Gesellschaft auch die Anerkennung und Duldung anderer Esskulturen und Lebensweisen.
Was die Fragen 4-14 betrifft, so thematisieren sie den Bereich Tierschutz/Tierwohl, dessen zunehmende Bedeutung ich nur unterstreichen kann. Die Initiative
Tierwohl wird im Übrigen von der CDU-Landtagsfraktion unterstützt. Diese Initiative gilt übrigens nicht nur für Schweine sondern auch für andere Nutztiere
wie z.B. Rinder und Hühner. Bei der Tierhaltung muss einiges durchaus noch verbessert werden. Dies muss jedoch EU-weit geschehen, um nicht die Problematik
nur zu verlagern. Generell sollte jedoch Ihr Ansprechpartnerin diesen Angelegenheiten der Agrar- und Umweltminister des Landes sein – und nicht die Opposition.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jörn Arp“