Die Diskussion um den Gottesbezug in der Landesverfassung erreicht die nächste Phase. Die Bürgerinitiative „Für Gott in Schleswig-Holstein“ hat die erste Hürde genommen: 20.000 Unterschriften für einen Gottesbezug wurden gesammelt. Nun sind die Abgeordneten des Landtages dazu verpflichtet, die Debatte aus dem Herbst letzten Jahres wieder aufzunehmen und die Präambel erneut ergebnisoffen zu diskutieren. Viele Argumente sind allerdings bereits erschöpfend ausgetauscht. Die Formulierung der CDU-Fraktion: „In Verantwortung vor Gott und den Menschen“, verfehlte die nötige zwei Drittel Mehrheit deutlich. Dass es diese, von er Initiative bevorzugte, Formulierung in die Verfassung schafft, gilt als ausgeschlossen.
Deswegen wird sich nun vielerorts auf die Suche nach Kompromissen gemacht. Einen ersten Vorschlag machte der ehemalige Ministerpräsident und Sprecher der Initiative, Peter Harry Carstensen in der Landeszeitung. Dabei ließ er sich von der polnischen Verfassung inspirieren. In der heißt es etwas holprig: „… beschließen wir, (…) sowohl diejenigen, die an Gott als die Quelle der Wahrheit, Gerechtigkeit, des Guten und des Schönen glauben, als auch diejenigen, die (…) diese universellen Werte aus anderen Quellen ableiten, (…) im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott oder vor dem eigenen Gewissen, uns die Verfassung (…) zu geben…“.
Nach einer katholischen Revolution im kommunistischen Polen galt es damals eine Formulierung zu finden, die von allen vorhandenen Lagern getragen werden konnte. Von diesen Umständen sind wir in Schleswig-Holstein weit entfernt. Dennoch müssen auch wir eine Lösung finden, die sowohl das Bewusstsein über die eigene Begrenztheit weckt, als auch niemanden ausgrenzt. Was leicht klingt, zeigt sich jedoch zunehmend als Mammutaufgabe. Denn auch die auf dem ersten Blick sehr elegante polnische Formulierung hat einen großen Haken.
Mit ihr wäre bereits in den ersten Zeilen der Verfassung eine Entscheidung zu treffen. Entweder, man leitet seine Verantwortung aus einer transzendenten Quelle ab, oder eben aus anderen Überzeugungen. Wir finden ganz bewusst in der Landesverfassung keine inhaltlichen entweder/oder Formulierungen. Eine Verfassung ist der falsche Ort für Rosienenpickerei. Sie gilt für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen und ist für jede und jeden in ihrer Gänze gültig. Wir dürfen nicht mit dem Skalpell durch die Verfassung gehen und unliebsame Teile als die nicht unsrigen heraus sezieren. Und deswegen schließt sich eine Formulierung in der Präambel aus, die Gott als Quelle heranzieht, denn einem beachtlichen Teil der Bürgerinnen und Bürger fehlt der Glaube. So werden Teile der Verfassung für einige Bürger bedeutungslos. Das darf nicht passieren.
Wir brauchen eine Verfassung für alle. Ein Gottesbezug ist damit ausgeschlossen, eine Demutsformel nicht. Nun müssen Formulierungsvorschläge diskutiert werden. Und von mir kommt dieser: „Im Bewusstsein der Begrenztheit des Seins und in der Verantwortung vor allem Leben und seinem Ursprung (…)“
Wurden nicht 42.000 statt 20.000 Stimmen gesammelt?
Moin Christopher,
das ist richtig. Der Artikel entstand bereits vor einigen Wochen, als von Carstensen angekündigt wurde, die 20.000 Stimmen erreicht zu haben. Mit der Übergabe der Unterschriften hat sich die Initative dann ja etwas Zeit gelassen.
Aber der Hinweis ist absolut richtig: Es wurden 42.000 Stimmen erreicht.
lg
Lasse