Ein flüchtiger Blick von Außen lässt die vegane Szene oft in einer schmeichelhaften Undeutlichkeit erscheinen. Allzu gerne zeichnet sich das Bild eines alternativen, jungen Lebensstils, der die Moral etwas dick aufträgt. Es handele sich um finanziell abgesicherte Akademikerkinder, die sich diese Extraportion gutes Gewissen schlichtweg leisten können. Damit macht man sich nicht immer sympathisch. Die schlimmsten Vorwürfe lauten dann, man sei ein Gutmensch, unmännlich oder ein*e Traumtänzer*in.
Mit diesen Angriffen kann ich gut leben. Für mich war ein veganer Lebensstil immer moralisch dominiert. Aspekte der Gesundheit oder Mode haben dabei eine untergeordnete Rolle gespielt. Die Frage danach, welche Auswirkungen meine Lebensweise auf die Existenz anderer Lebewesen hat, ließ in letzter Konsequenz nur eine Antwort zu: Veganismus.
Aber für diese, bzw. ähnliche Argumentationen sind auch Menschen anfällig, mit denen ich in meiner sonstigen Weltanschauung nichts zu tun habe. Und mit dieser Bewegung innerhalb der veganen Szene, müssen wir uns kritisch auseinandersetzen und uns von ihr distanzieren.
Der Gedanke ist nicht neu: Für die Idee der ökologischen Bewegung waren von Anfang an auch Rechte zu begeistern. Die Wertschätzung der Natur passt auch ins reaktionäre Weltbild. Umweltschutz ist Heimatschutz, taufte man den Schlachtruf. Dieser Trend wurde allerdings frühzeitig innerhalb der Bewegung erkannt und ihm begegnete eine linke Mehrheit. Die Erkenntnis, dass Umweltschutz mit einer internationalen Solidarität einhergehen muss, setzte sich durch. Rechtsnationale Unkenrufe verhallten nicht gänzlich, verloren sich aber in der Bedeutungslosigkeit.
In der aktuellen veganen Szene sieht dies anders aus. Auf uns kommt ein ganz deutliches Problem von Rechts zu. Zu einem Sinnbild eines wahrscheinlich ungewollten Nährbodens für rechte Tendenzen, wurde etwa Sea Shepherd. Die Meeresschutzorganisation, die einst auszog, um sich von den zu passiven Greenpeace-Aktivist*innen zu unterscheiden. Wo Greenpeace lediglich Fotos schoss, griff Sea Shepherd zu militanteren
Mitteln. Zur Selbstinszenierung gehörte ein starker Führerkult um den Kapitän Paul Watson und eine zumindest von Außen kaum nachvollziehbare Hierarchie mit militärischen Symbolen und Tendenzen. Einen populären Höhepunkt erreichten die Meeresschützer*innen mit der DMAX-Sendung „Whale Wars“. So wurde der Kampf gegen illegale Walfischer medienwirksam aufbereitet. Wie für den Sender üblich, gerne mit brachialen Methoden. Gegner waren oft japanische Walfangflotten. Im Gedanken des Tierschutzes geeint, nahmen Fans der Serie schnell eine ganze Nation in Sippenhaft. In den Kommentaren unter den Videos von Sea Shepherd sammelten sich rassistische Kommentare gegen „die Japaner“. Zwar bemühte sich Sea Shepherd darum, die Ausschweifungen immer wieder zu löschen und wurde nicht müde zu betonen, dass sie eine internationale Crew haben und Rassismus jeglicher Form ablehnen, aber gänzlich unter Kontrolle bekamen sie die Entwicklung nicht.
Weitere Aktionen taten dann ihr übriges. Etwa die Benennung eines ihrer Schiffe nach der französischen Schauspielerin Brigitte Bardot. Für die politische Einstellung der stramm rechten Namensgeberin schien sich Kapitän Paul Watson nicht zu interessieren.
Rechte Veganer*innen haben viele Gesichter. Teilweise sind es naive Sympathisant*innen der Mahnwachenbewegung, häufig sind es Verschwörungstheoretiker*innen. Manchmal aber auch stramme Nazis mit Brokkoli zwischen den Ohren.
Dafür darf es in der veganen Szene keinen Platz geben. Denn es widerspricht sich mit dem Grundkonsens der veganen Szene.
Wir streiten für die Gleichwertigkeit aller Lebewesen. Für ein faires Miteinander über Grenzen der Spezies hinweg. Das geht mit der Diffamierung von Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht oder Sexualität nicht logisch übereinander.
Die dem Veganismus vorgeschaltete Forderung ist meist ein Ende der Massentierhaltung. Dabei geht es nicht nur um das unmittelbare Leid der Tiere, sondern auch um die Konsequenzen der intensiven Tierhaltung. Unter unserem Konsumverhalten leiden Lebewesen weltweit. Wir entreißen ihnen die lebenswerte Umwelt und versetzen sie in Zwangslagen. Veganismus bedeutet, diese Kausalketten zu erkennen und aufzubrechen. Es bedeutet, die Umverteilung von Verantwortung. Eine Orientierung am Verursacherprinzip, die Profiteure stärker an den Kosten ihrer Rücksichtslosigkeit zu beteiligen. Ein urlinkes Moment.
Es gibt viele Aspekte, die wir links im politischen Spektrum verorten und die meisten lassen sich auch im Veganismus wieder erkennen. Was jedoch nicht passt, ist die Oberflächlichkeit und das Herabsetzen von Lebewesen aufgrund willkürlicher Merkmale. Das über einen Kamm scheren und die Anfälligkeit für leichte Antworten auf komplizierte Fragen.
Viele Gesellschaften machen gerade einen starken Rechtsruck durch. Insbesondere im europäischen Raum werden rechte Parolen salonfähig und in Deutschland macht sich ein solider rechter Stammtisch in der Mitte der Gesellschaft breit. Dass keine Szene von diesen Entwicklungen frei ist, bleibt außer Frage. Wichtig ist jedoch, ihnen entschlossen zu begegnen. Dem Veganismus wohnt der Gedanke der speziesübergreifenden Solidarität inne. Auch deshalb müssen wir im Tierschutz klare Absagen erteilen, denn der alte Grundsatz bleibt: Keine Zusammenarbeit mit Rassist*innen!
Links sein bedeutet für eine solidarische Umverteilung und gegen Diskriminierung zu kämpfen. Dieser Gedanke ist auch Fundament des Veganismus. Vegan ist Links!
Gérald Hägele meint
Ich bin gegen JEDE Herrschaft, AUCH gegen die Herrschaft von „links“!
Die Mahnwachen für den Frieden reaktionär zu nennen ist grottenfalsch,
einfach mal hingehen!
Es geht um die Überwindung von Duckmäusertum, Macht der Eliten und
Für Frieden, und der geht nur FÜR ALLE und MIT ALLEN!
Hier scheint es nur um die Beweihräucherung von „LINKS“ zu gehen,
damit man sich toll fühlen kann, man zickt aber über die, die sich als veganer toll fühlen wollen, projiziert einfach seine eigenen EGO Momente auf andere…
WACH AUF!