Vote Jamila – Eine späte Chance für die Grüne Partei
„Ihr habt die Partei von uns nur geborgt“, hat Jan Schnorrenberg bei seiner Bewerbungsrede zum Bundessprecher der Grünen Jugend 2015 gesagt und damit Bezug auf das ikonische Wahlplakat der Grünen aus den frühen Jahren der Partei genommen. Jan unterlag mit seiner Kandidatur knapp, seine Adaption schwingt mir dennoch immer wieder im Kopf. Es geht um einen Spalt, der sich zwischen Partei und Jugendorganisation aufmacht. Wir müssen darüber sprechen, wie wir mit diesem Spalt umgehen, der nicht nur entlang von Inhalten, sondern auch entlang von Personen durch eine grüne Zukunftsverantwortung zieht.
In diesem Text will ich mich dem Personal widmen und konkret mit der Bewerbung der ehemaligen Sprecherin der Grünen Jugend, Jamila Schäfer, verbinden.
Nehmen wir als Kristallisationspunkt das „Super-Wahl-Jahr 2017“. In der neuen Bundestagsfraktion ist (der großartige) Sven-Christian Kindler mit 32 Jahren der jüngste grüne Abgeordnete. Das war er 2013 ebenfalls. Das sollte uns zu Denken geben, sollten wir ein ernsthaftes Interesse daran haben, diese Partei zukunftsfähig, progressiv und inklusiv aufzustellen.
Bis zur Landtagswahl in Niedersachsen waren Amina Touré und ich die einzigen grünen Kandidat*innen unter 30, die 2017 in ein Parlament einzogen. Durch die vorgezogene Wahl in Hannover hat sich immerhin noch Imke Byl in diesen kleinen Kreis durchschlagen können. Ein schwacher Trost. In unseren Sondierungsteam nach der Bundestagswahl war sicherheitshalber nicht eine Person unter 30 vertreten, nicht nur unsere Jugendorganisation, sondern unsere Generation hat in diesen Verhandlungen völlig gefehlt.
Als Partei der Jugend und kommender Generationen verlieren wir so nicht nur an Glaubwürdigkeit, sondern auch an Legitimation.
Jetzt tut sich eine späte Chance auf, diesen Totalausfall immerhin ein Stückweit entgegenzuwirken.
Mit Jamila als Beisitzerin im Bundesvorstand bewirbt sich nicht nur eine schlagfertige, politisch brillante und authentische 24-Jährige, sondern auch eine wichtige Mittlerin der Grünen Jugend.
Ich war selber drei Jahre lang Sprecher der Grünen Jugend Schleswig-Holstein und habe mich aus bundespolitischer Verbandsarbeit abseits von Bundeskongressen und kleineren Treffen weitgehend herausgehalten. Trotzdem habe ich Jamila früh als engagierte Streiterin für progressive Politik kennengelernt. Bei aller Verbundenheit zu ihrem bayrischen Landesverband – aus dessen Grüne Jugend interessanterweise häufig die tollsten Menschen hervorgehen – sind ihre politischen Überzeugungen stets auf einem internationalistischen Fundament gebaut. Wie viel sie vom Denken in Ländergrenzen hält hat sie mit starkem Rückgrat und dickem Fell unter Beweis gestellt – zur Not auch in schwierigen Gesprächen mit Peter Hahne im ZDF.
Die Grüne Jugend ist keine Kinderbetreuung, die zu Wahlkämpfen spritzige Kampagnenformate durchzuführen hat, zu denen den Grünen dann doch der Mut fehlt. Wir sind ein politischer Akteur mit eigenen Vorstellungen, der sich dennoch der Grünen Partei verbunden fühlt. Mit diesem Bekenntnis machen wir uns das Leben nicht immer leicht, aber diese Konflikte sind wir gewillt auszuhalten. Wir verlangen nicht nur uns dafür die entsprechende „Freiheit einzuräumen“, wir haben ein Recht darauf, in der Grünen Partei mitzumischen. In Zeiten wie den heutigen, werden die Konflikte substanzieller und der Spalt zwischen Grünen und Grüne Jugend droht stetig breiter zu werden. Jetzt wäre der richtige Moment ein klares Signal zu setzen, Jamila in den Bundesvorstand zu wählen und damit ein Bekenntnis der Geschlossenheit abzugeben. Denn diese Jahre sind entscheidend, wir haben es mit Herausforderungen außerhalb der grünen Bewegung zu tun, die wir nur gemeinsam bewältigen können und wir müssen die Grüne Partei darauf vorbereiten, es auch in Zukunft zu tun, denn es braucht sie. Dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden, denn „ihr habt die Partei von uns nur geborgt“!
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