Sehr geehrtes Präsidium,
sehr geehrte Abgeordnete,
wir haben in den letzten Wochen und Monaten viel über die geplanten Änderungen der kommunalrechtlichen Vorschriften diskutiert.
Das Thema betrifft uns alle, denn die Politik, die ehrenamtlich vor Ort in den Gemeinden, Städten und Kreistagen gemacht wird, das ist eine der tragenden Säulen der Demokratie. Viele von uns führen derzeit Gespräche und versuchen Menschen zu überzeugen, dieses Ehrenamt zu übernehmen, das gilt für alle Parteien.
Aber es ist nicht nur eine Herausforderung, neue Menschen für die Kommunalpolitik zu gewinnen, es ist auch ein Thema, Kommunalpolitiker*innen zu überzeugen, doch bitte weiterzumachen und erneut zu kandidieren.
Wir Grüne haben uns in der Vergangenheit sehr für das Instrument Bürger*innenbegehren stark gemacht und wären von uns aus auch nicht an den §16g der Gemeindeordnung rangegangen. Das ist wohl allen bekannt, genau wie es bekannt ist, dass die CDU das Thema Bürger*innenbegehren auf jeden Fall angehen wollte.
Die Kritiker*innen der geplanten Änderungen beanspruchen für sich, für die Bürger*innen zu kämpfen, aber wer sind denn die Bürger*innen? Sind das nicht die gleichen Menschen, die die Gemeinde- oder Stadtvertreter*innen gewählt haben? Und zwar, damit sie genau dies tun: Beschlüsse fassen.
Natürlich sind diese Kommunalpolitiker*innen alles andere als begeistert, wenn ihre manchmal über Jahre entwickelten Lösungen in Frage gestellt und in einem Bürger*innenentscheid womöglich abgelehnt werden. Dann heißt es für sie nämlich: Sie dürfen von vorn beginnen.
Trotzdem brauchen wir das Instrument Bürger*innenbegehren als Notbremse, denn auch die engagiertesten ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen biegen gedanklich mal falsch ab und da brauchen wir dieses Instrument, um gegenzusteuern.
Mit der jetzt geplanten Änderung, die eine zweidrittel Mehrheit erforderlich macht, damit ein Aufstellungsbeschluss nicht Gegenstand eines Bürger*innenbegehrens werden kann, schaffen wir es einerseits, die Vertretungen zu stärken, denn bei großer Einigkeit steht der Beschluss und es gibt eine höhere Planungssicherheit. Andererseits lassen wir den Weg für ein Bürger*innenbegehren offen für den Fall, dass sich die Vertretung eben nicht so einig ist und es nur eine knappe Mehrheit gibt.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Veränderung bei der Fraktionsgröße.
Der Plan ist, die Fraktionsgröße von zwei auf drei Personen zu erhöhen und das auch nur in kommunalen Vertretungen mit 31 und mehr Mitgliedern. Hintergrund ist auch, dass die Probleme mit zu vielen sehr kleinen Fraktionen hauptsächlich in größeren Vertretungen vorkommen.
Darüber wurde im letzten Plenum schon engagiert gestritten, denn die Abwägung zwischen der Arbeitsfähigkeit der Gremien und den Einschränkungen, die dies für kleine Parteien mit sich bringt, ist schwierig. Die Erhöhung von zwei auf drei Mitglieder ist ein abgewogener Schritt.
Denn natürlich gibt es in der Praxis Herausforderungen mit der bisherigen Regelung. Es kommt zu häufigem Personalwechsel in den Fraktionen und damit einhergehende Ausschuss-Neubesetzungen oder einer Sitzungsdauer von sieben und mehr Stunden. Das ist ein Problem.
Denn wenn die Leute, die jetzt Kommunalpolitik machen, damit aufhören, weil sie die langen Sitzungen nicht mehr in ihre Freizeit integriert bekommen, weil sie frustriert sind, wenn sie nicht inhaltlich vorankommen, dann, sehr geehrte Kolleg*innen, dann verlieren wir als Gesellschaft alle.
Außerdem ermöglichen wir mit dieser Gesetzesänderung den Gemeinden die Einrichtung von Beiräten für gesellschaftlich bedeutsame Belange. In einigen Gemeinden gibt es bereits Umwelt- oder Wirtschaftsbeiräte, die damit zukünftig den Beiräten für gesellschaftlich bedeutsame Gruppen gleichgestellt werden.
Damit wollen wir einerseits die Gemeindevertretungen entlasten, weil sie sich durch Beiräte beraten lassen können und auf wichtige Themen in ihrer Gemeinde aufmerksam gemacht werden, andererseits steht natürlich auch die Hoffnung dahinter, mehr Menschen zu motivieren, sich vor Ort politisch zu engagieren und sich mit ihrer Expertise einzubringen.
Ja, die Diskussion ist kontrovers und sie wird es bleiben. Es liegt in der Natur der Sache, gegenteilige Interessen abzuwägen und unterschiedliche Erfahrungen auf ihre Übertragbarkeit zu prüfen. Deswegen freuen wir uns auf die weitere Diskussion im Ausschuss.
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