Im Januar 2019 hat die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine Richtlinie “zum Tragen eines Gesichtsschleiers” erlassen. Der Grund hierfür war, dass eine Studentin mit Niqab zum Seminar erschien.
Als ich am Rande der Februar-Plenarsitzung 2019 von diesem Vorgang erfuhr, war mir klar, dass eine schwere Debatte auf mich wartet, auf die ich mich als Islamwissenschaftler allerdings gut vorbereitet gefühlt habe. Dass diese Diskussion dann aber doch so umfangreich werden würde, wie sich später zeigte, hatte ich nicht erwartet.
Bereits im Wahlprogramm zur Landtagswahl 2017 hatten wir Grüne eine klare und gute Position zur Vollverschleierung im öffentlichen Raum gefunden. Ich hatte also nicht nur eine eindeutige persönliche Haltung und reichlich Expertise im Gepäck, sondern auch eine Beschlusslage meiner Partei im Rücken, die sich damit deckt. Viel mehr kann sich ein*e Abgeordnete*r eigentlich nicht wünschen, um in die Diskussion mit anderen Fraktionen zu gehen.
Es zeigte sich schnell, dass es in der Koalition keinen gemeinsamen Weg geben kann. Zwar haben wir es über die gesamten zwei Jahre immer wieder versucht, aber jeder Ansatz scheiterte letztlich. Das hat viel Kraft gekostet, war aber dennoch wichtig und gut.
Schwieriger war der Druck außerhalb der Koalition. Ich verstehe, dass man bei diesem Thema intuitiv zu einem anderen Schluss kommen kann als ich. Ich halte das für falsch, kann aber nachvollziehen, woher die Positionen kommen. Deswegen war es mir wichtig, in dieser Thematik besonders viel zu kommunizieren. Jede Mail die mich zu diesem Thema erreichte, habe ich individuell beantwortet, meine Positionen in Ortsverbänden und Landesparteitagen verteidigt. Ich habe die umfangreichste Anhörung in der Geschichte des Schleswig-Holsteinischen Landtages begleitet, meine Position in einer sehr ausführlichen Landtagsdebatte erläutert (siehe Video unten) und zahlreiche Gespräche und Telefonate dazu geführt. Ich habe mich von Journalist*innen anschreien lassen, die meine Position nicht teilten. Und auch von einigen anderen Leuten.
Der Prozess in den letzten zwei Jahren war besonders schwierig. Dabei habe ich viel dazugelernt; meine Position hat sich dadurch allerdings nicht geändert.
Nachdem es auf Parteitagen bisher entweder keinen Antrag zu dem Thema gab, oder Anträge in der Priorität nicht hoch genug gewertet wurden, um sie innerhalb der Tagesordnung zu befassen, sollte die Entscheidung dann endlich auf dem vergangenen Parteitag erneut getroffen werden. Und so kam es. Die Debatte war geprägt von Wortbeiträgen, die unsere Position unterstützten und nach dem Verlauf der vergangenen zwei Jahre muss ich sagen, dass es wirklich gut getan hat.
Letztlich gab es 108 Stimmen für unseren Antrag gegen ein Verbot der Vollverschleierung, 8 Stimmen für einen Antrag, der ein Verbot befürwortete und 1 Enthaltung. Mit 91,5% war das Ergebnis also überwältigend.
Meine Landtagsrede zum Niqab-Verbot an Hochschulen
Bildnachweis oben: Dom Fou via Unsplash
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