TOP 1 – Lehren aus dem Fall Brokstedt: Behördenkommunikation verbessern und ein konsequentes Rückführungsmanagement etablieren
Dazu sagt der Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Lasse Petersdotter:
Es gilt das gesprochene Wort!
Etwa ein Monat ist nun vergangen seit dieser furchtbaren Tat im RE70. Eine Zugverbindung, die uns allen sehr vertraut ist. Fast alle Schleswig-Holsteiner*innen sind diese Strecke schon oft gefahren. Aber nicht nur wegen der Nähe, noch viel mehr wegen der Abscheulichkeit der Tat war und ist die Betroffenheit im ganzen Land groß.
Unser Mitgefühl gilt daher auch weiterhin den Opfern, ihren Familien und Freund*innen. Zwei junge Menschen überlebten den Angriff nicht. Fünf Opfer wurden teilweise schwer verletzt. Zahlreiche weitere wurden traumatisiert oder stark belastet. Es kann daher nur ein schwacher Trost sein, aber dennoch ist es wichtig, dass die Opferschutzbeauftragte, das Team der Zentralen Anlaufstelle für Opfer von Straftaten, die Ehrenamtlichen und die Gesellschaft vor Ort so vorbildlich reagiert und gehandelt haben.
Diese Strukturen sind in solchen Lagen unerlässlich und müssen daher weiter gestärkt werden. Ebenso ist der hoch professionelle Einsatz von Polizei und Rettungskräften zu betonen. Hier wurde ein hervorragender Job geleistet.
Unser Job ist nun, die politischen und behördlichen Prozesse zu betrachten, mögliche Fehler zu identifizieren, Schlussfolgerungen und Maßnahmen zu diskutieren. In aller Ernsthaftigkeit und in aller Ehrlichkeit.
Der Innen- und Rechtsausschuss hat hierzu alle relevanten Behörden in der Sache angehört. In diesen Anhörungen wurden Fehler erkannt, insbesondere bei der Kommunikation zwischen Behörden. Diese Kommunikation muss besser werden. Meldungen dürfen nicht unberücksichtigt untergehen. Ebenso müssen rechtliche Standards bei Meldungen einheitlich sein und eingehalten werden.
Nach aktuellem Sachstand lässt sich aber festhalten: Trotzdem hätte sich, wären diese Fehler nicht gemacht worden, die Tat wohl nicht verhindern lassen.
Ich kann verstehen, dass dies schwer zu akzeptieren ist. Ich kann allerdings nicht verstehen, wie eine Bundesinnenministerin nun vor die Presse treten kann und sagt, dass eine Abschiebung umsetzbar gewesen wäre. Gerade Politiker*innen sollten vorsichtig sein, mit allzu leichten Antworten auf komplexe Fragen zu reagieren. Nancy Faeser macht es sich zu leicht, das wird der Sache nicht gerecht. Eine Rückführung in die palästinensischen Gebiete gelingt nur ausgesprochen selten. Der diplomatische Aufwand für ein solches Vorgehen ist immens. Das kann man bedauern, aber nicht verschweigen.
Aber auch unabhängig davon sind weitere Schlussfolgerungen notwendig. Prävention bleibt der beste Schutz vor Gewalt, auch wenn sich dadurch nicht jede Straftat verhindern lässt. Deswegen braucht es weitere Maßnahmen wie Gewaltambulanzen, auch für die psychiatrische Versorgung in der Fläche. Strafvorschriften für Taten, die mit einem Messer begangen werden, müssen überprüft und auf ihre Gefährlichkeit angepasst werden.
Zudem muss das Übergangsmanagement bei Haftentlassungen verbessert werden, auch bei einer längeren Untersuchungshaft. Eine Entlassung in die Obdachlosigkeit ist ein großes Problem für die anschließende Versorgung und Beobachtung der weiteren Entwicklung. Und ja, insgesamt müssen die rechtlichen Verfahren zügiger erfolgen. Auch bei den Rückführungen von Täter*innen schwerwiegender Straftaten.
All dies sind erste Schlussfolgerungen aus den bisherigen Erkenntnissen nach dieser furchtbaren Tat. Es sind vermutlich aber nicht die letzten.
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