Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 24 – Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Energiemärkte sind eine außergewöhnliche Notsituation
Dazu sagt der Vorsitzende und finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Lasse Petersdotter:
Zu Beginn dieser Debatte möchte ich meinen Dank für die vertrauensvolle und konstruktive Entwicklung dieses Antrages aussprechen. Sowohl bei CDU als auch bei SPD und SSW. Es ist wichtig, dass hier ein gemeinsamer Antrag entstanden ist. Das hebt diesen Antrag auf eine breitere Legitimationsgrundlage. Trotz der zahlreichen Kontroversen zwischen Koalition und Opposition gelingt uns hier ein wichtiges Momentum des Gemeinsamen.
Ich weiß, dass das auch von SPD und SSW nicht selbstverständlich ist, aber es ist konsequent. Die SPD unterstützt sicherlich die Begleitung der Bundesprogramme und der SSW lässt keine Gelegenheit aus, zu betonen, das Leben der Menschen bezahlbarer machen zu wollen.
Die Herausforderungen dieser Zeit sind riesig. Deswegen werden wir heute den Ukraine-Notkredit um eine Milliarde Euro auf 1,4 Milliarden Euro erhöhen. Das ist keine leichtfertige Entscheidung. Schulden in dieser Größenordnung müssen gut abgewogen und gut begründet sein. Das sind sie.
Es ist richtig, dass der Bund in drei Paketen für wichtige Entlastungen sorgt. Diese begleiten wir mit einem eigenen Entlastungspaket. Und ich werde nicht müde zu betonen: mit dem ersten Entlastungspaket eines Bundeslandes in Deutschland.
Beides wird durch diesen Notkredit abgesichert.
Darüber hinaus bekräftigt Schleswig-Holstein abermals sein Versprechen: Die humanitäre Aufnahme von Geflüchteten wird nicht am Geld scheitern. Wir sichern zudem die öffentliche Daseinsvorsorge. Das gilt auch für die Energiekostensteigerungen im ÖPNV.
Die Kommunen werden wir bei der Abwicklung des Wohngeldes ebenso unterstützen, wie bei der Bereitstellung von Wohnraum. Und auch bei der Bewältigung der Baukostensteigerungen werden wir die Zukunftsfähigkeit dieses Landes absichern. Im Stillstand und Rückbau kommt dieses Land nicht durch die Krise, liebe FDP! Auch zur Abfederung von sozialen Härten werden wir weiter tätig sein.
Zur Dekarbonisierung der Wirtschaft werden wir weitere 30 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Es ist gerade jetzt wichtig, die fossile Abhängigkeit unserer Wirtschaft zu reduzieren. Auch wenn das nur einer von vielen Mosaiksteinen ist.
Aber bevor ich zu sehr ins Detail gehe, möchte ich auf die Kritik der FDP eingehen. Diese Kritik ist im Wesentlichen juristischer Natur. Das ist schon absurd genug mit Blick darauf, wie Christian Lindner im Bund handelt, aber gucken wir mal auf die Rechtsgrundlage:
Art. 109 Abs. 3 Grundgesetz enthält die gemeinsamen Vorgaben für die Ausgestaltung der Schuldenbremse von Bund und Länder: „Bund und Länder können (…) eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen.“
Art. 61 Abs. 3 der Landesverfassung lautet: „Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann von den Vorgaben (…) mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages abgewichen werden.“
Der Tatbestand ist also insoweit für Bund und Land gleich und erfordert eine Naturkatastrophe oder eine außergewöhnliche Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt.
Gemeint sind Schadensereignisse von großem Ausmaß und von Bedeutung für die Öffentlichkeit, die durch Unfälle, technisches oder menschliches Versagen ausgelöst oder von Dritten absichtlich herbeigeführt werden. Hierunter fallen auch plötzlich eintretende Beeinträchtigungen der Wirtschaftsabläufe, wenn sie ein extremes Ausmaß haben. Gedacht wurde hierbei etwa an die Finanzkrise. Aber auch historische Ereignisse, wie zum Beispiel die Wiedervereinigung.
Der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine erfüllt die Merkmale einer außergewöhnlichen Notsituation unbestreitbar. Es ist eine von Dritten absichtlich herbeigeführte Destabilisierung Europas. Mit dem schlimmsten Leid für die Menschen in der Ukraine und mit gezielten Folgewirkungen auf andere Staaten.
Der Kontrolle des Staates entzieht sich ein Ereignis, wenn es auf äußeren Einflüssen beruht, die nicht oder im Wesentlichen nicht der staatlichen Kontrolle unterliegen. Schleswig-Holstein hat über diese geopolitischen Entwicklungen keinerlei Kontrolle.
Bis hierhin gibt es wahrscheinlich einen Konsens, selbst mit der FDP.
Die erhebliche Beeinträchtigung des Haushaltes bedeutet nicht nur, dass die Einnahmen des Haushaltes in den Keller gehen müssten. Es ist die naheliegende Vermutung und war ja, beispielsweise bei Corona, auch die Argumentationslogik des damaligen Notkredites. Die erhebliche Beeinträchtigung des Haushaltes bezieht sich auf den Finanzbedarf zur Beseitigung oder Bewältigung der aus der Notsituation resultierenden Schäden.
Alles andere wäre auch absurd. Immerhin ist der Lehrbuchfall beispielsweise die Sturmflut. Hier brechen zwar die Einnahmen des Staates nicht zwangsläufig ein, aber der plötzliche, unvorhersehbare und nicht abwendbare finanzielle Aufwand wäre von der Ausnahmeregelung der Schuldenbremse gedeckt.
Alle Schönrechnerei der FDP bei den Steuereinnahmen laufen also am Kern der Lage vorbei. Und nicht einmal diese Schönrechnerei ist tragfähig.
Heute ist ein schwerer, aber auch ein guter Tag. Dieser Beschluss zeigt: Schleswig-Holstein bleibt krisenfest
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